Windelvlies

„Windelvlies kann in der Toilette weggespült werden“ – diese Empfehlung steht auf der Verpackung mancher Windelvlies-Hersteller. Zwar ist Windelvlies sehr dünn (je nach Marke auch etwas dicker) und meist biologisch abbaubar, aber dennoch robust und reißfest.

Wir wollten genauer wissen, wie schnell sich Vlies tatsächlich auflöst und haben drei verschiedene Marken genauer unter die Lupe genommen bzw. ins Wasser getaucht. Unsere Autorin Lydia hat die dünnen Einlagen getestet, ob und wie reißfest und wasserlöslich sie sind.

Hier geht es zum kompletten Video-Experiment.

Das Guru-Experiment

Wir haben drei Marken Windelvlies sowie normales Klopapier auf Ihre Nassreißfestigkeit getestet.

Je ein Blatt Vlies der Marke Pusblu, Disana* sowie Little Lamb* und zum Vergleich einige Blätter herkömmliches Toilettenpapier in je eine Schüssel Wasser legen. Die Einlagen durften 13 Tage darin baden, das Toilettenpapier nur 24 Stunden. Eine mechanische Einwirkung fand nicht statt, die Blätter wurden weder umgerührt noch anderweitig bewegt.

Vorab das Ergebnis nach 13 Tagen:

Alle drei Vliese haben sich nach knapp zwei Wochen im Wasser nicht aufgelöst und sind in ihrer Form als Blatt erhalten. Im Gegensatz dazu zersetzte sich Toilettenpapier bereits nach 24 Stunden.

Einzelne Ergebnisse im Detail:

Little Lamb Windelvlies*

100% PLA (Zusammensetzung: Pflanzenstärke aus Mais, Maniok, Zuckerrohr oder Zuckerrübenschnitzel), nicht chlorgebleicht. Laut Hersteller zersetzt such PLA binnen zwei bis sechs Monaten in einem Kompostierungssystem. Zur Entsorgung gibt er keine Empfehlung.

Das Vlies ist noch sehr robust und lässt sich nur mit viel Kraft auseinanderreißen. Hier lösen sich nur einzelne Fasern ab.

Disana Windelvlies*

100 % Zellstoff (auf Holzbasis), sauerstoffgebleicht, laut Hersteller biologisch abbaubar und Entsorgung über die Toilette möglich.

Das Vlies lässt sich von den drei getesteten Marken am einfachsten zerpflücken. Wirklich zersetzt hat es sich im Wasserbad jedoch nicht.

Pusblu Windelvlies

85 % sauerstoffgebleichter Zellstoff, 15% Bindemittel, laut Hersteller kompostierbar und Entsorgung über die Toilette möglich.

Das Vlies hat sich nicht zersetzt, weist keine Löcher oder Risse auf und macht noch einen recht festen Eindruck. Es lässt sich per Hand gut zerreißen – leichter als das Vlies von Little Lamb und etwas schwerer als das Vlies von Disana.

Toilettenpapier

100 % Zellulose oder Recyclingfasern, 3-4-lagig, in der Regel chlorfrei gebleicht.

Nach nur einem Tag im Wasserbad ist das Toilettenpapier stark aufgeweicht. Die einzelnen Blätter lassen sich nicht herausnehmen, sondern nur noch als Fetzen. Das Papier hat sich teilweise zersetzt.

Wir wollten es ganz genau wissen und haben auch Toilettenpapier auf seine Wassertauglichkeit getestet.

 

Was die Abwasserprofis sagen

Nicht nur unser Experiment zeigt, dass die Entsorgung von Vlies über die Toilette problematisch ist. Auf Nachfrage bestätigt das Umweltbundesamt (UBA): „Im Gegensatz zum herkömmlichen Toilettenpapier können Vliestücher im Kanal und in den Förderpumpen für Ablagerungen und Verstopfungen sorgen“, so ein Experte aus dem Fachbereich Abwassertechnikforschung und Abwasserentsorgung. Eben wegen ihrer besonderen Nassreißfestigkeit.  Für die Abwasserbehandlung** könne grob eine Aufenthaltszeit von <1 Tag für die Abwasserstrecke angenommen werden. Wie unser Test zeigt, zersetzt sich lediglich Toilettenpapier in dieser kurzen Zeit.

Wir halten uns daher an die Empfehlung des UBA – bei der Entsorgung gilt: Windelvlies gehört in den Restmüll!

Interessant zu wissen: Was passiert mit unserem Abwasser: Video

 

Praxis

Je nach Konsistenz des Stuhls kann man diesen einfach ins Klo “schütteln” indem man das Vlies umdreht. Weicheren Stuhl kann man mit einem alten Stab, Teigschaber oder Messer abschaben. Wer das Abschaben gar nicht mag, kann die groben Reste auch mit dem Vlies im Restmüll entsorgen. Aber streng genommen sollte Stuhl (auch nicht in Wegwerfwindeln) in den Müll. Die Realität sieht bekanntermaßen anders aus. Das Vlies kommt aber in jedem Fall in den Restmüll.

**Klärvorgang: Nach der Ableitung des Abwassers über ein Gefälle (Kanalisation) oder über Druckleitungen (in beiden Fällen sind Pumpwerke notwendig) erfolgt die Behandlung meist in zentralen, öffentlichen Kläranlagen. Die Verstopfungsproblematik bei Pumpen durch z.B. Vliestücher ist immer ein Thema.
Die Abwasserbehandlung erfolgt in mehreren Stufen:
1) mechanische Reinigung, bei der gröbere Feststoffe, Sand und Fette zurückgehalten werden.
2) biologische Reinigung, bei der organische Belastungen, Stickstoff und Phosphor entfernt werden
3) Schlammbehandlung, bei der anfallender Klärschlamm getrocknet wird.
In eher wenigen Fällen kann eine weitere Abwasserbehandlung notwendig sein, um etwa Mikroverunreinigungen u.a. durch Arzneimittel oder Haushaltschemikalien zu entfernen.

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