
Stoffwindeln ab Geburt zu nutzen muss weder kompliziert noch anstrengend sein. In der Nestbauphase der Schwangerschaft haben auch wir uns informiert und zusammengetragen, was uns sinnvoll erschien. Eine klar strukturierte Anleitung mit Einkaufszettel gefällig? Hier geht’s lang.
Was spricht für Stoffwindeln ab Geburt?
- Kontrolle über Materialien: Was berührt Babys Haut 24h pro Tag? Mit Stoffwindeln weißt du es ganz genau. Du entscheidest, welche Materialien mit der empfindlichen Haut deines Neugeborenen in Kontakt kommen.
- Bessere Überwachung: Da Stoffwindeln keinen Superabsorberkern haben, weißt du genau ob und wieviel dein Baby gepinkelt hat. Das ist besonders in den ersten Tagen und Wochen wichtig, um sicherzustellen, dass dein Baby ausreichend trinkt.
- Natürliche Materialien: Du kannst den Stoff wählen und dich für reine Naturmaterialien wie Biobaumwolle und Wolle entscheiden. Die zarte Babyhaut ist deutlich dünner als die von Erwachsenen und profitiert von schonenden, atmungsaktiven Materialien.
- Einfache Allergieerkennung: Durch die überschaubaren Stoffe, die mit der Haut deines Babys interagieren, weißt du im Falle einer Allergie gleich, auf was dein Baby reagiert. Bei Wegwerfwindeln sind nicht immer alle Inhaltsstoffe vollständig angegeben.
- Nabelschonung: Spezielle Neugeborenen-Stoffwindeln lassen den Nabel frei und er kann schnell abtrocknen. Das unterstützt die natürliche Heilung des Nabels in den ersten Lebenstagen.
Unsere Erfahrungen mit Wegwerfwindeln vs. Stoffwindeln
Obwohl unser Baby bei der Geburt 3720g wog, waren die Wegwerfwindeln (WWW) in der kleinsten Größe immer noch zu groß. Sie passten nicht richtig und führten schnell zu Problemen:
- Von den Wegwerfwindeln bekam unser Baby einen geröteten Po
- Häufiges Auslaufen führte zu Sauereien im Bett
- Die Windel rutschte oft den Rücken hoch
- Der Superabsorber in Wegwerfwindeln saugt wirklich alles auf: Urin, Stuhl, aber auch das schützende Hautfett und die natürliche Schleimhautfeuchtigkeit
- Die dünne Babyhaut wird zusätzlich durch das bakterienfreundliche feucht-warme Windelklima gereizt
- Wenn die Schutzbarriere der Haut einmal geschädigt ist, können Inhaltsstoffe der Wegwerfwindeln (Parfüme, Lotionen, Produktionsrückstände) die Haut zusätzlich reizen
Warum ist das natürliche Gleichgewicht wichtig?
Kommt die Haut aus dem Gleichgewicht, regulieren sich nützliche Bakterien und Pilze, die natürlicherweise auf unserer Haut vorkommen, nicht mehr allein. Somit gewinnt einer die Überhand.
Pilze leben außerdem von Zucker, der in der Muttermilch reichlich vorhanden ist. Wenn Babys dann noch Stuhlgang haben, entsteht in Wegwerfwindeln schnell ein problematisches Milieu.
Die Entwicklung eines natürlichen Gleichgewichtes und die Fähigkeit, dieses selbst zu erhalten, wird mit Stoffwindeln und deren natürlichen Materialien definitiv gefördert! Durch die bessere Luftzirkulation und den häufigeren Windelwechsel (da man die Nässe direkter spürt) bleibt die Haut gesünder.
Unsere Lieblingswindeln
Nach einigem Ausprobieren haben wir unsere Favoriten gefunden:
- Blueberry Capri in Kombination mit gefalteten Mullwindeln: Diese Überhose bietet eine zuverlässige Abdichtung und lässt sich gut an die Größe des Babys anpassen. (Alternative zur Blueberry Capri)
- Blueberry Simplex: Eine All-in-One-Windel mit hohem Baumwollanteil, die besonders einfach in der Handhabung ist.
Beide Varianten überzeugten uns durch ihre hohe Qualität und den hohen Anteil natürlicher Materialien, insbesondere Baumwolle, die direkt mit der Babyhaut in Kontakt kommt.
Weitere Vorteile von Stoffwindeln
Neben den gesundheitlichen Aspekten sprechen noch viele weitere Punkte für Stoffwindeln:
- Zero Waste Gedanke: Keine Berge von Windelmüll, die Jahrhunderte zur Zersetzung brauchen
- Budget auf lange Sicht: Trotz höherer Anfangsinvestition spart man über die gesamte Wickelzeit deutlich Geld
- Natürliche Materialien an Babys Popo: Weniger Chemie, mehr Natürlichkeit
- Flexibilität und Individualität der verschiedenen Systeme: Es gibt nicht DIE Stoffwindel – verschiedene Systeme bieten Lösungen für unterschiedliche Bedürfnisse
- Kein Stress mit Windelaktionen: Nie wieder Sonderangeboten hinterherjagen oder Vorräte anlegen
- Keine riesigen Vorräte nötig: Ein gut sortiertes Stoffwindelsystem passt in einen Schrank
- Mitwachsen der Windeln: Viele moderne Stoffwindeln wachsen mit dem Baby mit und passen vom Säugling bis zum Kleinkind
- Schöne Designs: Die bunten Muster und Farben machen einfach Freude
- Kreativität: Die Möglichkeit, selbst Windeln und Einlagen zu nähen, ist ein zusätzliches Plus für handwerklich Begabte
Was uns manchmal nervt, sind gewisse Reaktionen auf unsere Entscheidung und die verstaubten Ansichten über Stoffwindeln, die man dann zu hören bekommt. Doch die positiven Erfahrungen überwiegen bei weitem!
Wann mit Stoffwindeln anfangen?
Es gibt verschiedene Wege, mit Stoffwindeln zu starten:
Option 1: Direkt ab Geburt
Mit speziellen Neugeborenenwindeln kann man sofort loslegen. Allerdings sollte man sich keinen Stress machen und ruhig die ersten Tage abwarten, bis der Nabelrest abgefallen ist. Gerade bei ganz kleinen Babys ist es besonders wichtig, auf natürliche Materialien zu setzen, da die Haut noch extrem empfindlich ist.
Option 2: Start mit Onesize-Windeln
Ab ca. 8-12 Wochen, je nach Gewicht, kann man mit Onesize-Windeln beginnen. Zu diesem Zeitpunkt werden die Ausscheidungen auch etwas kontrollierter, was den Einstieg erleichtert. Diese Windeln kann man dann bis zum Ende der Wickelzeit nutzen.
Option 3: Langsamer Einstieg
Eine Erfahrung aus unserer Community: „Wir haben direkt mit Onesize-Windeln begonnen. Da es auch unser erstes Kind war, fand ich das auch im Nachhinein gut, da es für uns einfach unkomplizierter war und besonders die erste Zeit mit Baby war schon so anstrengend genug. Dann haben wir uns langsam an die Stoffis gewagt und zuerst alle zwei Tage gewaschen und in der Zeit, wo alles getrocknet ist, Wegwerfwindeln benutzt. Wir hatten auch noch nicht genug Windeln, um Vollzeit zu wickeln. Jetzt haben wir nachgekauft. Ich hätte es wieder so gemacht, vielleicht sogar beim zweiten Kind ebenfalls, da man die Newborn-Größe nicht so lange benötigt. Mittlerweile wickeln wir nur noch mit Stoffis und wir sind total überzeugt.“
Wieviele Stoffwindeln brauche ich?
Der Waschrhythmus bestimmt die Anzahl
- Heute wickelst du dein Baby 8x => 8 Windeln kommen in die Wäsche
- Morgen wickelst du dein Baby wieder 8x => 8 Windeln kommen in die Wäsche, insgesamt sind 16 Windeln in der Wäsche
- Übermorgen hast du noch Windeln für 8x Wickeln => An diesem Tag wäscht du
Ein guter Grundsatz ist: Du brauchst genügend Windeln für 2-3 Tage plus eine kleine Reserve für unvorhergesehene Situationen. Bei Neugeborenen, die häufig gewickelt werden müssen, bedeutet das etwa 24-30 Windeln insgesamt.
Der Waschrhythmus ist ein wichtiger Faktor bei der Planung deiner Stoffwindel-Ausstattung. Die meisten Eltern waschen alle 2-3 Tage. Ein zu langer Waschzyklus kann zu Geruchsproblemen führen, während tägliches Waschen energieintensiver ist und die Windeln schneller abnutzt.
Bedenke auch die Trocknungszeit: Je nach Jahreszeit und Windeltyp brauchen Stoffwindeln unterschiedlich lange zum Trocknen. Mullwindeln trocknen schnell, dicke All-in-One-Windeln können hingegen bis zu 24 Stunden benötigen. Eine ausreichende Anzahl an Windeln gibt dir den nötigen Puffer während der Wäsche und Trocknungsphase.
Die ersten Monate mit Stoffwindeln
Tag 1: Wie geht es los?
In den ersten Tagen nach der Geburt geht es vor allem darum, zur Ruhe zu kommen und das neue Familienmitglied kennenzulernen. Wenn du direkt mit Stoffwindeln starten möchtest, halte ein paar spezielle Neugeborenenwindeln bereit. Diese sind kleiner geschnitten und haben oft einen Ausschnitt für den Nabelrest.
Umgang mit Mekonium
Das erste Stuhlgänge eines Neugeborenen nennt man Mekonium (Kindspech). Es ist schwarz-grünlich und recht klebrig. Viele Eltern fürchten sich vor Mekoniumflecken in ihren schönen Stoffwindeln. Eine einfache Lösung: Verwende dünne Einlagen aus Papier (Windelvlies), die du zwischen Baby und Windel legst. Diese fangen das Mekonium ab und können einfach entsorgt werden.
Die ersten Stunden
In den ersten Stunden nach der Geburt ist alles neu und aufregend. Wenn du im Krankenhaus entbindest, nimm deine eigenen Stoffwindeln mit. Das Personal ist oft offen dafür, besonders wenn du selbst zeigst, wie es geht. Beginne mit einfachen Systemen, die auch für andere leicht anzulegen sind.
Die ersten Tage
Die ersten Tage sind eine Zeit des Kennenlernens – auch des Wickelns. Babys müssen in dieser Zeit häufig gewickelt werden, oft 8-12 mal am Tag. Halte genügend Windeln bereit und richte dir eine bequeme Wickelstation ein. Anfangs kann das Wickeln mit Stoffwindeln etwas länger dauern als mit Wegwerfwindeln, aber mit etwas Übung wird es zur Routine.
Die ersten Wochen
In den ersten Wochen etabliert sich langsam ein Rhythmus. Dein Baby nimmt zu und die Windeln passen immer besser. Jetzt ist es Zeit, verschiedene Faltmethoden für Einlagen auszuprobieren und das System zu finden, das für euch am besten funktioniert. Etabliere eine Waschroutine, die zu eurem Alltag passt – viele Eltern waschen alle 2-3 Tage.
Die ersten Monate
Nach etwa 2-3 Monaten hast du wahrscheinlich dein persönliches Stoffwindelsystem gefunden und fühlst dich sicher im Umgang damit. Jetzt kannst du bei Bedarf deinen Vorrat aufstocken oder optimieren. Vielleicht stellst du fest, dass bestimmte Windeln oder Einlagen besser funktionieren als andere. Das ist der perfekte Zeitpunkt, um dein System anzupassen.
Praktische Hilfen
Einkaufszettel für den Start mit Stoffwindeln
Basisausstattung für Neugeborene:
Du brauchst im Prinzip Saugmaterial für mind. 24x Windelwechsel. Das können sein Mullwindeln, Prefold, dazu Überhosen oder Pocketwindeln, AIO-Windeln usw. oder besser noch, ein Mix daraus. Weitere Tipps für die Erstausstattung gibt es in unserem Blogbeitrag.
- 24-30 Mullwindeln (50×50 oder 60×60 cm), Prefold oder spezielle Saugeinlagen für Neugeborene
- 4-6 Wollüberhosen oder PUL-Überhosen in Neugeborenen-Größe
- 1 Rolle Windelvlies (für Mekonium und zur einfacheren Stuhlentsorgung)
- 1 Wäschenetz für die Waschmaschine
- 1 Pail Liner
- 1 Wetbag
- Umweltfreundliches Waschmittel ohne Weichspüler und Duftstoffe
Oder alternativ für den Start ab ca. 3 Monaten:
- 15-20 Onesize-Stoffwindeln (All-in-One oder Pocketwindeln oder Prefold mit entsprechenden Überhosen)
- 3-4 Höschenwindeln und zusätzliche Saugeinlagen für die Nacht
- 1 Rolle Windelvlies
- 1 Wäschenetz für die Waschmaschine
- 1 Pail Liner
- 1 Wetbag
- Umweltfreundliches Waschmittel
Pflegehinweise
- Waschen: Stoffwindeln bei 40-60°C waschen, je nach Verschmutzungsgrad und Herstellerangaben
- Beachten: Flanell verträgt kein hartes Wasser – bei hartem Wasser einen geeigneten Entkalker verwenden
- Trocknen: Wenn möglich, Stoffwindeln an der Luft trocknen lassen, das schont die Materialien
- Einwaschen: Neue Stoffwindeln vor dem ersten Gebrauch 1-2 mal waschen oder über Nacht einweichen, um die volle Saugkraft zu erreichen
Nabelpflege mit Stoffwindeln
Die Nabelpflege ist mit speziellen Neugeborenen-Stoffwindeln besonders einfach, da viele Modelle einen Ausschnitt für den Nabel haben. Achte darauf, dass der Nabelrest trocken und sauber bleibt, bis er von selbst abfällt (meist nach 7-14 Tagen). Wickle in dieser Zeit so, dass die Windel unter dem Nabel sitzt.
Zusatzinformation: Windelfrei
Windelfrei ist kein Potty Training oder Wettbewerb, sondern eine ergänzende Methode, bei der Eltern auf die Signale ihres Babys achten und es bei Bedarf über einem Töpfchen oder Waschbecken abhalten. Dies kann von Anfang an praktiziert werden und harmoniert perfekt mit der Nutzung von Stoffwindeln. Mehr dazu findest du in speziellen Artikeln zum Thema Windelfrei.
Mit dieser Anleitung möchten wir dir den Einstieg in die Welt der Stoffwindeln erleichtern. Denk daran: Es gibt nicht den einen richtigen Weg – finde heraus, was für dich und dein Baby am besten funktioniert. Genieße die Zeit mit deinem Baby und lass dich nicht stressen, wenn nicht gleich alles perfekt klappt. Jeder Stoffwindel-Tag ist ein guter Tag für die Umwelt und die zarte Babyhaut!